Midgard, das Brettspiel
Zunächst fällt einem das schwere Gewicht des Spielekartons auf.
Als ich das Spiel zum ersten Mal in Essen auf der Messe in den Händen hielt, war mein erster Gedanke "Ist das alles aus Holz?".
Gewichtend machen sich beim Auspacken sehr solide und dicke Pappbögen bemerkbar, aus denen Charakterbögen und Städtekarten (sauber vorgestanzt) heraus gedrückt werden.
Irgendwie wird man schon durch die schöne Grafik ein wenig an "Rückkehr der Helden" erinnert.
Dies wird bei einem Blick auf den Autoren bestätigt.
Lutz Stepponat zeichnet sich auch für dieses schöne Spiel einmal mehr aus.
Und so sind auch hier die Marker für Erfahrungspunkte wieder kleine Holzwürfel.
Die Charaktere sind schön gezeichnet und aus Pappe kontuiert in Plastiksockeln steckend.
Aber zum Spiel:
Ähnlich der Mechanik aus "Rückkehr der Helden" werden zunächst aus den 12 Spielplanplatten 12 Städte von Midgard ausgelegt.
Und zwar so, dass sie horizontal oder vertikal aneinander liegen.
Für den Anfang ist die 4x3-Anordnung sinnvoll.
Hieraus ergeben sich bei jedem Spiel ganz neue Varianten und Herausforderungen.
Die Charaktere werden ausgewählt.
Erfreulich ist, das ein Bogen auf der einen Seite den weiblichen, auf der anderen Seite den männlichen Part des gleichen Charakters aufgedruckt hat.
Und, es gibt mehrere "freie Bögen", so dass man sich seinen Wunschcharakter zusammen stellen kann.
Hiernach werden Grundausrüstung und Begabungen gewählt und los gehts.
Jeder Spieler hat anfangs 4 Aktionskarten auf der Hand.
Wieviele Aktionen ich in meinem nächsten Spielzug durchführen darf, lege ich durch Ausspielen einer solchen Karte fest.
Typischerweise darf ich mich bewegen, etwas kaufen, aufheben, tauschen, zaubern, kämpfen, Erfahrungspunkte vergeben, etc.
Auf den Städtetafeln liegen diverse Marker (feste und zufällige Aufgaben), die es zu erforschen gilt. Jeder Charakter muss, um eine solche Aufgabe annehmen zu können, erstmal eine W20-Probe auf Geschicklichkeit erfüllen.
Schafft er das, hat er die Aufgabe, schafft er die Probe nicht, hat er einen der Wächter auf dem Hals, den er nach rollenspiel-üblichen Kampfregeln bekämpfen muss.
Also ... Initative auswürfeln, angreifen, (evtl. jetzt fliehen), abwehren, und ggfs. diesen Turnus so lange, bis ein Sieger feststeht.
Siegt man, gehört einem das Abenteuer, aber man muss sofort in eine Nachbarstadt fliehen, da der Ruf ja hier erstmal gelitten hat.
Verliert man, ist einem der Kerker zunächst gewiss.
Alle weiteren Aktionen sind dahin und im nächsten Zug kostet es 2 Aktionen, sich aus dem Kerker zu befreien.
Die Aufgaben sind rollenspiel-typisch sehr breit gefächert.
Da will ein Koch aus einer Stadt abgeworben werden, um ihn zu seinem neuen Wirkungsort zu begleiten, da sucht A B und man muss ihn nach C bringen, usw.
Die Aufgaben sind sehr unterschiedlich.
Was sich bisher vieleicht nicht spannend genug anhört, spielt sich aber so.
Zudem gibt es natürlich Belohnungen und Schätze, für die, welche ihre Questen erfüllt haben. Aber mit jeder erfüllten Aufgabe kommen auch dunkle Seiten ins Spiel ... sogenannte "Schatten" müssen gezogen und eingespielt werden.
Wesen jenseits der dunklen Seite machen von jetzt an die entsprechende Stadt unsicher und so mancher Vorteil existiert nicht mehr.
So verliere ich evtl. Leben, müsste ich rein beruflich diese Stadt betreten.
Und jetzt greift ein einzigartiger Spielemechanismus.
Ich kann die bis dahin evtl. sogar konkurrierenden Mitspieler einladen, mit mir zusammen kooperativ den fiesen bösen Übergegner zu bekämpfen.
Nicht nur, dass für diese Zeit Waffenstillstand herrscht, auch partizipieren alle Beteiligten von der Beute und der Erfahrung.
Danach kann jeder bereichert wieder seiner Wege gehen.
Vorausgesetzt, der Kampf war erfolgreich.
Neben diesem ohnehin schon umfangreichen Spielemechanismus kommen noch zusätzliche "Aufgaben" hinzu, welche nach Schwere (Grad) gewählt werden können.
Ganz getreu dem Motto, mutig sein bewirkt Edelmut :)
Fazit:
Sehr schöne Spielgrafik und haltbares solides Material.
Sehr abwechslungsreiche Aufgaben (Quests) mit unterschiedlichem Werdegang
Jedes Spielrunde verläuft anders.
Durch Gruppenbildung kommt viel Interaktion auf.
Es gibt viel zu entdecken.
Flotte Spielmechanik, wohl durchdacht.
Einzig die Anleitung ist umfangreich, aber gut verständlich und dem Spiel angemessen.
Ganz wenige Karten sind im Spiel anderslautend beschriftet.
Aber das ergibt sich mit etwas gesundem Menschenverstand.
Ich denke, der Stand der Anleitung ist ein älterer beim Release der deutschen Version gewesen.
Ein Blick auf die Homepage des Spieles schafft hier aber auch Klarheit.
Sicher, bei einem Endprodukt sollte das nicht vorkommen.
Neuere Verpackungen werden aber sicher richtig ausgeliefert :)
Im Übrigen gewinnt, wer als Erstes 5 Prestigepunkte erworben hat.
Und da gibt's ungeahnte Möglichkeiten.